Gegen eine zweite gymnasiale Oberstufe in Bramsche
Die CDU Bramsche spricht sich gegen diesen erneuten Vorstoß aus, weil die Verordnung für die Organisation der allgemein bildenden Schulen (SchOrgVO) in Niedersachsen im Sinne der Nachhaltigkeit schulorganisatorischer Entscheidungen für eine solche Errichtung Mindestzahlen vorschreibt, die die IGS Bramsche zurzeit und absehbar für die nächsten Jahre nicht erreicht.
Die Verordnung fordert, dass der Schulträger seinen schulorganisatorischen Entscheidungen nach § 106 Abs. 1 bis 3 des Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG) eine Prognose der Schülerzahlen für mindestens zehn Jahre zugrunde legen muss. Konkret ist für die ab der vorgesehenen Errichtung zum 01.08.2022 folgenden zehn Schuljahre vom Landkreis Osnabrück eine Schülerzahl von mindestens 54 pro Jahrgang zu prognostizieren.
Am Ende des Schuljahres 2020/21 erwarben (nach „BN“) 47 von 120 Schülerinnen und Schüler des Abschlussjahrgangs an der Gesamtschule in Bramsche einen Erweiterten Sekundarabschluss I, der zum unmittelbaren Übergang in den Sekundarbereich II berechtigt. Von diesen 47 Schülerinnen und Schülern wechselten allerdings nicht alle an eine gymnasiale Oberstufe (an einer Gesamtschule oder einem Gymnasium). Einige Schülerinnen und Schüler setzten ihre Laufbahn an einer berufsbildenden Schule fort oder begannen eine Lehre. Selbst wenn alle 47 Schülerinnen und Schüler aber in eine gymnasiale Oberstufe der Gesamtschule Bramsche eingetreten wären, hätte dies die Bedingungen der SchOrgVO nicht erfüllt.
Wie sieht es zunächst in den kommenden sechs Schuljahren aus? Folgende Zahlen der IGS Bramsche sprechen für sich.
2020/21 von 120 Schülerinnen und Schülern 47 erweiterte Abschlüsse
2021/22 von ca. 93 Schülerinnen und Schülern ?? erweiterte Abschlüsse
2022/23 von ca. 89 Schülerinnen und Schülern ?? erweiterte Abschlüsse
2023/24 von ca. 111 Schülerinnen und Schülern ?? erweiterte Abschlüsse
2024/25 von ca. 75 Schülerinnen und Schülern ?? erweiterte Abschlüsse
2025/26 von ca. 63 Schülerinnen und Schülern ?? erweiterte Abschlüsse
2026/27 von ca. 86 Schülerinnen und Schülern ?? erweiterte Abschlüsse
…
Bei den genannten Gesamtschülerzahlen sind im Übrigen Doppelzählungen berücksichtigt (Inklusion). Die Mindestzahl 54 pro Jahrgang für die Errichtung einer gymnasialen Oberstufe rechnet sich dagegen nach „Köpfen“.
Auch der CDU Bramsche ist bewusst, dass eine gymnasiale Oberstufe nicht nur Schülerinnen und Schüler aufnimmt, die an der eigenen Schule die Zugangsberechtigung erworben haben. Ein völlig überproportionaler Zuwachs von benachbarten Schulen ist allerdings unwahrscheinlich und ginge ggf. zu Lasten anderer Systeme vor Ort und in gut erreichbarer Nähe. Diese Konkurrenz ist u. a. deshalb nicht förderlich, weil eine gymnasiale Oberstufe erfahrungsgemäß erst mit ca. 100 Schülerinnen und Schülern pro Jahrgang optimale Profil- und Kursangebote sowie damit verbundene attraktive Wahlmöglichkeiten für die Schülerinnen und Schüler bietet.
Dass es einen Unterschied macht, eine Schulform grundsätzlich gut zu finden oder eine Schulform tatsächlich zu besuchen, ist ein wichtiger Erfahrungswert. Die bei der Errichtung der IGS Bramsche vom Schulträger prognostizierten Jahrgangsgrößen (der ersten zehn Schuljahre) wurden bisher bei weitem nicht erreicht. Gymnasiale Oberstufen an Gesamtschulen und Gymnasien sind übrigens keine unterschiedlichen Schulformen, für sie gelten völlig identische gesetzliche und untergesetzliche Vorgaben.
Mindestens für die kommenden sechs Schuljahre (siehe oben) ist in Bramsche für ein gymnasiales Oberstufenangebot mit einem Schüleraufkommen von kaum mehr als 90 zu rechnen. Würde sich diese Schülerzahl auf zwei Oberstufen verteilen, machte das absolut keinen Sinn. Die in der Verordnung (des zzt. SPD-geführten Kultusministeriums) vorgeschriebene Mindestzahl 54 entspringt nämlich keiner behördlichen Willkür, sondern ist pädagogisch und schulorganisatorisch sinnvoll.
Aus diesem Grunde sah das Schulgesetz ursprünglich für neu zu gründende Gesamtschulen als Mindestgröße eine Fünfzügigkeit vor. Das gilt zwar schon seit Jahren nicht mehr, bei einer solchen Schulgröße aber hätten sich z. B. Diskussionen über die (dann sinnvolle) Errichtung einer Oberstufe auch in Bramsche erübrigt. Im Übrigen führen mehrere Gymnasien keine gymnasiale Oberstufe, weil die Schülerzahl gem. SchulOrgVO nicht ausreicht. Die dortigen Schülerinnen und Schüler wechseln dann z. B. von Dörpen nach Papenburg, von Werlte nach Sögel oder von Lemwerder nach Brake bzw. Delmenhorst – um nur einige Beispiele zu nennen.
Der „demographische Faktor“ – gemeint ist ein zu erwartendes Bevölkerungswachstum - wird aktuell für die Errichtung einer gymnasialen Oberstufe an der Gesamtschule in Bramsche als wichtigstes neue Argument ins Feld geführt. Das ist gegenwärtig und auf Jahre hin zumindest fragwürdig, weil sich – siehe oben – zumindest bis 2027 an den Schülerzahlen, die für eine Errichtung relevant sind, mit Blick auf Geburtenzahlen nichts ändert. Verdoppelten sich in den kommenden Jahren die Schülerzahlen durch Zuzug, könnte neu entschieden werden. Aber das ist Zukunftsmusik und doch ein unrealistisches Szenario!
Wem im Landkreis Osnabrück weitere Angebote im Sekundarbereich II wirklich ein „Herzensanliegen“ sind, sollte im Sinne einer im Kreisgebiet regional ausgewogenen Schulentwicklung einmal darauf schauen, in welchen Kommunen des Landkreises es gar keine gymnasialen Angebote bzw. gar keine gymnasialen oder beruflichen Oberstufen gibt, bevor aus offensichtlich parteitaktischen Gründen in Bramsche auf Jahre hin ein Luxusproblem geschaffen wird – nämlich zwei (teure) gymnasiale Oberstufen für insgesamt viel zu wenig Schülerinnen und Schüler. Die Lösung darf jedenfalls nicht sein, das absehbare „Fehl“ durch individuelle Schülertransporte quer durch den Nordkreis zu füllen. Das ist auf Dauer weder nachhaltig noch attraktiv. Und im Sekundarbereich II („freie Schulwahl“) ohnehin nicht erfolgversprechend!
Die CDU Bramsche hofft, dass sich alle Kreistagsmitglieder mit den konkreten Zahlen auseinandersetzen und bei ihrer Entscheidung auch die Auswirkungen für die direkt und indirekt betroffenen Schulen in der eigenen Kommune berücksichtigen.