CDU Bramsche

„Eine historische Chance im Bramscher Stadtrat nutzen“

Interview mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Andreas Quebbemann über neue Mehrheiten

Nach der Bildung der Gruppe aus CDU und der neuen Fraktion von FDP und Werner Ballmann hat die SPD auch ihre bisherige absolute Mehrheit im Verwaltungsausschuss verloren, der viele wichtige Entscheidungen trifft. Ein weiteres Zeichen des historischen Wechsels, der bevorsteht. Wir sprachen mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Andreas Quebbemann über die Koalitionsverhandlungen und die Möglichkeiten eines Politikwechsels nach 65 Jahren SPD-Alleinherrschaft in Bramsche. Das Interview im Wortlaut:
Die Verständigung probten CDU-Ratsherr Andreas Quebbemann und Grünen-Ratsfrau Annette Specht schon auf der Herbstkirmes. Jetzt verhandeln sie über die erste Bramscher Koalition ohne SPD in der Nachkriegszeit. Archivfoto: Johannes Kapitza
 

Herr Quebbemann, Hand aufs Herz: Haben Sie am Wahlabend schon daran gedacht, dass sich eine Koalition schmieden ließe, um die SPD-Herrschaft in Bramsche zu brechen?

Wir haben mit Teilen der CDU-Fraktion schon am Wahlabend mit einigen Vertretern der Grünen in der Alten Post zusammengesessen. Da haben wir schon grundsätzlich über mögliche Formen der Zusammenarbeit gesprochen. In welcher Form das nun stattfindet, war und ist noch offen.

 

Mit einem bunten Bündnis aus CDU, Grünen, FDP und Einzelbewerber Ballmann haben Sie im Stadtrat genau eine Stimme Mehrheit gegen die SPD als stärkste Fraktion und den Vertreter der Linken. Lässt sich mit dieser Jamaika-plus-Koalition tatsächlich ein stabiles Bündnis für die Dauer von fünf Jahren schließen?

Koalition kann nicht in dem Ausmaß gemeint sein, dass man jedes Detail bereits jetzt gemeinsam regelt. Das wäre von vornherein zum Scheitern verurteilt, allein schon, weil man die erforderliche Abstimmung ehrenamtlich kaum leisten kann. Außerdem kommen Herausforderungen auf uns zu, die wir heute noch gar nicht absehen können. Wir wissen ja zum Beispiel nicht, was im Laufe von fünf Jahren aus Berlin und Hannover kommt.

 

Was genau soll das Bündnis also bewirken?

Insgesamt wird sich das Klima verändern, wenn alle Parteien aufeinander zugehen müssen. Damit hat die SPD nach 65 Jahren Alleinherrschaft naturgemäß ein größeres Problem. Die Bereitschaft, sich an Sachfragen zu orientieren, scheint mir bei den Grünen deutlich stärker ausgeprägt. Wenn vernünftige Vorschläge kommen, habe ich kein Problem damit, wenn Sie von der SPD stammen. Was ist das bessere Sachargument? Wenn wir uns daran orientieren, ist das auf alle Fälle gut für Bramsche. Wenn man wirklich nachhaltig etwas verändern und in wichtigen Fragen umsteuern will, wird das mit der SPD schwer werden.

 

In einer Frage hat die CDU bereits umgesteuert: Vor der Wahl hat sie das Industriegebiet Engter gemeinsam mit der SPD vorangetrieben, nun geht sie mit dem erklärten Gegner dieses Gebiets, Werner Ballmann, zusammen. Eine komplette Rolle rückwärts, oder?

In unserem Parteiprogramm war nie etwas von einem Industriegebiet zu lesen, wir haben immer gesagt, gewerbliche Entwicklung muss möglich sein, dabei bleibt es.

 

Aber in der Vergangenheit hat die CDU ein Industriegebiet mitgetragen.

Irgendwo muss man sich in einer Koalition bewegen. Worum es im Kern geht, ist stark emittierende Betriebe, welche die Anwohner unverhältnismäßig belasten, dort nicht anzusiedeln, also genau zu gucken, wer da hinkommt. Außerdem ist der Unterschied zwischen einem Gewerbegebiet mit Sonderflächen und einem sehr stark eingeschränkten Industriegebiet überschaubar. Wir haben in den bisherigen Gesprächen eine große Bereitschaft zu pragmatischen Lösungen im Einzelfall gespürt. Insgesamt sind wir uns in vielen Punkten schon sehr weitgehend einig, und ich bin zuversichtlich, dass es in einer ganzen Reihe von Punkten zu einer gemeinsamen Vereinbarung kommt. Es gibt aber auch Themen, bei denen noch intensive Gespräche notwendig sind, und da gilt Gründlichkeit vor Schnelligkeit.

 

Da fällt uns das Stichwort IGS ein.

Da war ja auch schon in der Zeitung zu lesen, dass es auf Kreisebene eine Entwicklung gibt...

 

...die einen neuen Anlauf nicht unwahrscheinlich erscheinen lässt.

Wie auch immer, die Thematik wird auf Kreisebene zu klären sein. Eine Elternbefragung macht aber nur Sinn, wenn man dann im Ernstfall auch eine IGS einführen will. Ich will da den Gesprächen nicht vorgreifen und bitte um Nachsicht, dass ich da inhaltlich nicht weiter einsteigen kann, aber der Bestand der vorhandenen Schulen muss Vorrang haben.

 

In der Pressemitteilung der Grünen zu den Koalitionsgesprächen hieß es, es gebe weitgehende Übereinstimmungen bei der Haushaltskonsolidierung. Da sind in den Ratsdebatten der letzten Jahre immer die Stichworte Tuchmacher Museum und Stadtmarketing gefallen. Was haben Sie am Stadtmarketing auszusetzen – abgesehen davon, dass der Geschäftsführer Wolfgang Kirchner auch Vorsitzender der Bramscher SPD ist?

Was den Bereich Stadtmarketing betrifft, den ich unter Eventmanagement zusammenfassen würde, läuft vieles gut und sollte auch nicht geändert werden, Bramscher Rot, verkaufsoffene Sonntage, Stadtfest, prima, keine Frage. Was aus unserer Sicht zu kurz kommt, ist die aktive Ansiedlung von Gewerbegebieten, wie es mit Adidas im Niedersachsenpark gelungen ist. Da gehen die Leute in Bramsche nicht zum Geschäftsführer Stadtmarketing, sondern gleich zur Bürgermeisterin oder zum Baudirektor. Dann kann man es auch gleich da belassen. Aber darüber reden wir noch.

 

Und beim Tuchmachermuseum?

Reden wir ebenfalls noch. Das Thema Haushaltskonsolidierung steht bei uns ganz oben. Ich möchte da aber mit Blick auf die ausstehenden Verhandlungen nicht mehr ins Detail gehen.

Die Opposition hat in der Vergangenheit immer die enge Verzahnung zwischen Verwaltung und SPD beklagt. Wie will die neue Mehrheit damit umgehen?

Sicher gibt es im Rathaus viele Mitarbeiter mit SPD-Parteibuch, aber es gibt unter diesen und den anderen viele, die konstruktiv zum Wohle der Stadt arbeiten wollen. Es ist auch Aufgabe der Bürgermeisterin, für ein faires, transparentes und praktikables Verfahren zu sorgen.

 

Wenn es zum „Bündnis für Bramsche“ kommen sollte, wäre mit der CDU ausgerechnet der prozentual größte Wahlverlierer am Ruder.

Wir haben zwei Mandate verloren, genau wie die SPD, die FDP hat sich auf einen halbiert. Unser wichtigstes Wahlziel haben wir erreicht: das Brechen der absoluten SPD-Mehrheit. Ich bin froh, dass ein Günter Kemp...

 

...der ehemalige stellvertretende Landrat und langjährige Frontmann der Bramscher CDU...

... das noch erleben darf, und er verfolgt das Geschehen sehr gespannt. Es war klar, dass die Grünen, bedingt durch den Bundestrend, hinzugewinnen und die großen Parteien die Verlierer sein würden. Wir haben in der Fraktion vor der Wahl ein Tippspiel gemacht. Da hatten die meisten auf 13 Sitze für uns getippt, zwölf sind es geworden. Und den Werner Ballmann hat nicht einer auf dem Zettel gehabt. Der hat als unabhängiger Einzelbewerber in jedem Wahllokal Stimmen geholt, nicht nur in Engter. Das muss man ernst nehmen.

 

Wie hoch beziffern Sie das Risiko, dass die Verhandlungen noch scheitern?

Ich will da nicht spekulieren, aber möglich ist das natürlich. Auch wir haben Dinge,, die mit uns nicht zu machen sind.

 

Und wenn es dann doch nicht klappt?

Würde davon die Welt in Bramsche auch nicht untergehen, aber eine historische Chance für Bramsche vertan.